Wie etablieren sich Gewohnheiten?

Gewohnheiten entstehen, wenn wir bestimmte Handlungen regelmäßig wiederholen. Diese laufen nach Etablierung wie automatisch ab. Sie ersparen uns daher Energie und Zeit.

Beispiel: Hast du eine bestimmte Art, durch deinen Lieblings-Supermarkt zu gehen? Sicherlich gibt es bestimmte Regale, bei denen du zuerst anfängst oder du wählst Produkte nach einem genauen Schema aus. Diese Gewohnheit ist entstanden, weil sie hilfreich und zeitsparend ist. Du kannst deine Einkäufe schneller erledigen und wirst nicht mehr vom großen Angebot überwältigt.

Gewohnheiten werden laut dem Gewohnheitsexperten James Clear von vier grundlegenden Prozessen angetrieben:

  1. Der Auslöser löst das Verlangen in dir aus, eine bestimmte Gewohnheit durchzuführen.
  2. Das Verlangen ist somit die treibende Kraft hinter jeder Gewohnheit.
  3. Die Routine ist die Handlung bzw. Gewohnheit selbst, die du ausführst.
  4. Die Belohnung stillt dein Verlangen und bringt dich dazu, eine Handlung überhaupt auszuführen und zu wiederholen.

Bleiben wir beim Beispiel des Einkaufens. Der Auslöser für die Routine wäre in diesem Fall, dass dein Kühlschrank leer ist und das Verlangen in dir auslöst, einkaufen zu gehen. Die Routine besteht darin, dass du den Supermarkt in einer bestimmten Reihenfolge abklapperst. Warum du diese Routine ausführst? Um Zeit zu sparen und zur Belohnung deine Lieblingsprodukte schneller im Kühlschrank zu haben.

Allerdings unterscheidet das Gehirn nicht von guten und schlechten Gewohnheiten. Beispiele sind das Rauchen oder die Nutzung des Handys kurz vorm Schlafengehen. Diese sind nur schwierig abzusetzen. Es ist einfacher, neue Gewohnheiten zu etablieren als alte Gewohnheiten loszuwerden.

Wie etabliert man gute Gewohnheiten und bricht mit den schlechten?

James Clear zeigt in seinem Buch „Atomic Habits“ auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, wie jeder von uns leicht und dauerhaft seine Gewohnheiten zum Besseren verändern kann. Vermeintlich kleine und unwichtig erscheinende Veränderungen können zu bemerkenswerten Ergebnissen führen – wenn man bereit ist, sie jahrelang durchzuhalten.

Fünf einfach gute Ideen aus „Atomic Habits“:

1. Erfolg ist das Ergebnis täglicher Gewohnheiten

Es gibt nur einen Weg zum Erfolg: Klein anfangen und dann konstant weitermachen. Was wir bei anderen manchmal als „Erfolg über Nacht“ wahrnehmen, ist in Wahrheit die Folge lange zurückreichender Bemühungen, während derer so gut wie keine Veränderung erkennbar war. Am Anfang scheinen gute Gewohnheiten (wenn überhaupt) wenig Unterschied zu machen. Langfristig gesehen sorgen sie jedoch für einen außergewöhnlich großen Ausschlag. Angenommen, du wirst ein Jahr lang jeden nur Tag 1 % besser, dann erntest du nach einem Jahr ein um unglaubliche 37-fach besseres Ergebnis!

Clear erklärt dieses Phänomen in „Atomic Habits“ so: Das in uns schlummernde Potential kommt erst dann zum Durchbruch, wenn wir ein ganz bestimmtes Plateau erreicht haben. Wie beim Geld bricht sich die Kraft des Zinseszins-Effekts auch bei guten Gewohnheiten erst nach viel Zeit Bahn. Doch dann sind die Ergebnisse gewaltiger, als wir sie uns je vorstellen konnten.

2. Die Umgebung ist wichtiger als reine Willenskraft

Für gewöhnlich glauben wir, dass viel Willenskraft nötig ist, um gute Gewohnheiten dauerhaft zu behalten. Doch viel entscheidender als Disziplin ist unsere Umwelt, beschreibt Clear in „Atomic Habits“. Er bringt als Beispiel US-Veteranen, die in Vietnam heroinabhängig waren. Zurück in den USA hörten die meisten von ihnen ganz von alleine auf, Drogen zu nehmen. Im Gegensatz dazu werden viele Patienten nach ihrer Entlassung aus einer Entzugsklinik zu Hause wieder rückfällig.

Andere Umgebung, andere Gewohnheiten. In einer förderlichen Umgebung braucht es viel weniger Willenskraft, um gute Gewohnheiten auszuführen. Deshalb können wir unser Umfeld bewusst so gestalten, dass uns gute Gewohnheiten leicht fallen und unsere (begrenzt vorhandene) Disziplin geschont bleibt. Um uns gesünder zu ernähren können wir im Alltag z. B. Obst und Gemüse gut sichtbar und leicht zugänglich aufbewahren. Schokolade und Chips dagegen können wir weit hinten im Schrank verstauen – oder gar nicht erst einkaufen.

3. Gewohnheiten lassen sich aneinanderreihen

Wenn wir uns eine gute Gewohnheit vorgenommen haben, sie aber nicht ausführen, liegt das oft daran, dass unsere guten Vorsätze zu vage waren. Um die Erfolgswahrscheinlichkeit zu erhöhen, hilft es, präzise festzulegen, wann und wo wir eine gute Gewohnheit ausführen werden. Etwa: „Ich werde um 8:00 Uhr mein E-Bike aus der Garage holen und zur Arbeit fahren.“ Besonders einfach lässt sich eine neue Gewohnheit etablieren, wenn wir sie an eine andere, schon bestehende Gewohnheit anschließen bzw. an eine Handlung, die wir sowieso jeden Tag ausführen (müssen), z. B.

  • nach dem Aufstehen ein großes Glas Wasser trinken
  • nach dem Mittagessen eine Runde spazieren gehen
  • nach dem Abendessen die Spülmaschine einstellen und die Küche aufräumen.

4. Neue Gewohnheiten entstehen durch Wiederholungen

Gewohnheiten entstehen, indem eine Handlung vielfach wiederholt wird. Durch die Wiederholungen wir die Handlungsabfolge automatisiert und schließlich zur mühelosen Gewohnheit. Um neue Gewohnheiten fest im Gehirn zu verankern, sollten wir uns deshalb auf die Häufigkeit der Wiederholungen fokussieren. Je öfter wir eine Handlung ausführen, desto schneller geht sie uns in Fleisch und Blut über. Wie regelmäßig wir etwas tun ist der entscheidende Faktor für das Entstehen von Gewohnheiten. Daher solltest du schnell aktiv werden und es vermeiden, zu lange die perfekte Strategie zu suchen. Praxis ist besser als Theorie. Übung geht vor Planung. Die Dauer der Praxis ist dabei nicht entscheidend. Viel wichtiger ist es, sich auf das Anfangen zu konzentrieren. Die ersten Wiederholungen dürfen ruhig kurz ausfallen: Einen Liegestütz ausführen, eine Seite lesen, eine Minute meditieren. Wenn wir die Übungseinheiten auf maximal 2 Minuten begrenzen, stehen die Chancen sehr günstig, dass wir die Gewohnheit auch an Tagen durchführen, an denen wir nicht viel Lust dazu verspüren.

5. Die besten Gewohnheiten sind einfach

Neue Gewohnheiten sollten wir uns so einfach wie möglich machen. Denn je einfacher eine Handlung auszuführen ist, desto wahrscheinlicher wird sie ausgeführt. Dahinter steht das Prinzip des geringsten Aufwands – ein Naturgesetz, demzufolge Lebewesen dazu neigen, den einfachsten Weg zu nehmen, um ein Ziel zu erreichen. Wenn wir die Wahl haben, entscheiden wir uns meistens für die einfachere Option. Deshalb verbringen wir auch so viel Zeit in den sozialen Medien, vor dem Fernseher und damit, E-Mails zu checken – es ist (zu) einfach. Um das Prinzip des geringsten Aufwands für uns arbeiten zu lassen, können wir die Hindernisse, die guten Gewohnheiten im Weg stehen, bewusst abbauen, z. B.

  • ein Fitnessstudio aussuchen, dass auf unserem Heimweg liegt, um direkt nach der Arbeit Sport zu machen
  • ein Buch auf das Kopfkissen legen, um vor dem Einschlafen zu lesen
  • unsere Wohnung regelmäßig ausmisten, um leichter Ordnung zu halten,

und umgekehrt: Unerwünschte Gewohnheiten künstlich erschweren.

Neben der Vereinfachung haben wir laut James Clear noch 3 weitere Ansatzpunkte, um Gewohnheiten zu verändern:

Gute GewohnheitenSchlechte Gewohnheiten
offensichtlichunsichtbar
attraktivunattraktiv
einfachschwierig
befriedigendunbefriedigend

Eine neue Gewohnheit etablieren wir eher, wenn sie offensichtlich, attraktiv, einfach und/oder befriedigend gestaltet ist. Schlechte Gewohnheiten legen wir leichter ab, wenn sie unsichtbar, unattraktiv, schwierig und/oder unbefriedigend erscheinen. Wie das im Einzelnen funktioniert, kannst Du im Buch „Atomic Habits“ nachlesen.

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